Bei diesem Punkten müssen wir ansetzen:
1. Anzahl Studienplätze erhöhen
Die Schweiz verstösst mit ihrer hohen Auslandabhängigkeit gegen den WHO-Code of Practice. 40% der praktizierenden Ärzteschaft hat ihr Arztdiplom im Ausland erworben, Tendenz steigend. Zudem zeigt die Workforce-Studie von mfe und dem IHAM Basel, welche seit 2005 alle 5 Jahre durchgeführt wird, die bedrohliche Ärztedemographie unter der Hausärzteschaft. Zurzeit ist jede zweite Hausärztin und oder Kinderarzt über 55 Jahre alt. Der Studie nach sinkt die Workforce in den nächsten 10 Jahren also rapide. Eine aktuelle Mitgliederumfrage der SGAIM zeigt, dass diese Entwicklung auch im spitalinternistischen Umfeld stattfindet. Die Erhöhung der Studienplätze muss aber zwingend mit einer Steigerung der AIM Abschlüsse einhergehen.
2. Bedarfsgerechte Aus- und Weiterbildung
Mehr Studienabschlüsse allein reichen nicht aus. Die Weiterbildung muss den Bedürfnissen der Bevölkerung und den Zielsetzungen des KVG entsprechen. Das KVG fordert «ambulant vor stationär». Deshalb muss die Weiterbildung in qualitativ guten ambulanten Weiterbildungsstätten stattfinden. Junge Ärztinnen und Ärzte sollen vermehrt Fachbereiche wählen, die unser Gesundheitssystem am dringendsten benötigt. Sie müssen dafür bestmöglich vorbereitet sein.
Die Zahl qualitativ guter Praxisassistenzstellen und Lehrärztinnen und -ärzte muss erhöht werden. Regionalspitäler und Hausarztpraxen sind gefordert, ihr Zusammenarbeitspotenzial auszuschöpfen um gemeinsam genügend Grundversorgerstellen anzubieten. So können sie den zunehmenden Wegfall der Landspitäler, welche in der Aus- und Weiterbildung der Hausärzte eine wichtige Rolle gespielt haben ersetzen. Hausarztspezifische Aus- und Weiterbildung erhöht nicht nur die Kompetenz in der Hausarztmedizin, sondern stellt durch die Workforce der Weiterbildungsassistenten und -asstistentinnen zusätzlich eine relevante, personelle Verstärkung der Hausarztmedizin dar.
3. Rahmenbedingungen, welche die medizinische Grundversorgung fördern
Dazu gehören attraktive und zeitgemässe Arbeitsbedingungen, ohne bürokratischen Unsinn. Mit der soeben durch den Bundesrat neu genehmigte Tarifstruktur TARDOC können nun hoffentlich die wuchtigen tarifarischen Fehlanreize im Gesundheitswesen beseitigt werden. Das Image der Grundversorgerdisziplinen darf nicht durch Lohnungleichheiten oder betriebswirtschaftliche Unsicherheiten negativ beeinflusst werden. Dies muss sowohl im ärztlichen Tarifwerk sowie den kantonale und nationalen Finanzierungsstrukturen entsprechend berücksichtig werden. Das beinhaltet unter anderem auch, dass «generalistische» stationäre und ambulante Aus- und Weiterbildung gleichermassen unterstützt und gefördert werden.
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